Seit dem Jahr 2000 hat der Handel mit anderen Ländern stark zulegt. Auch wenn die Exportquote in Sachsen-Anhalt mit etwa 30 Prozent noch deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von knapp 50 Prozent liegt, sorgte im Jahr 2015 ein Gesamtauslandsumsatz von mehr als 15,3 Milliarden Euro dafur, dass tausende Familien ruhiger schlafen konnen. »Wer sein Produkt in Deutschland verkauft, der kann das uberall in der Welt«, sagt Andreas Müller, Geschaftsführer des Bereiches International, der IHK Magdeburg.
von DIRK ANDRES
Seit vielen Jahren hilft Andreas Müller gemeinsam mit seinem Team Firmen aus dem Kammerbezirk dabei, Fuß auf ausländischen Markten zu fassen. Dabei ist es ihm wichtig, die Untemehmen dort abzuholen, wo sie stehen und ihnen Mittel an die Hand zu geben, die ihnen bei ihren Exportplänen auch helfen. Wie das Stendaler Unternehmen JS Lasertechnik diese Aufgabe bisher bewältigt hat, davon überzeugte sich der Außenhandelsexperte bei einem Besuch im Unternehmen.
Fur die Altmärker ist der Handel mit anderen Ländern - außer der Schweiz- noch Neuland. So montieren sie seit einigen Jahren für einen Unternehmer spezielle Filter. Das lnnenleben kommt vom Hersteller, den Metallrahmen aus Edelstahl stellen die Altmärker her. Auch in der Ofensparte des Unternehmens mit der Eigenmarke »Bjoern« gab es schon die eine oder andere Lieferung ins Ausland, doch von einem regelmäßigen Handel im Bereich von Dienstleistungen im Bereich Metall- und Laserverarbeitung oder in der Konstruktion und der Umsetzung von Baugruppen konnte hisher nicht gesprochen werden.
Mit dem zunehmenden Wachstum des im Jahr 2007 gegründeten Unternehmens, steigender Produktivität und mittlerweile uber 60 Mitarbeitern an zwei Standorten (Stendal und Gommern) ware der Schritt ins Ausland der nächste logische Schritt. Davon ist Firmengründer und lnhaber Jens Schumacher schon seit längerem überzeugt. So besucht er seit zwei Jahren zunehmend internationale Messen in ganz Deutschland und traf dabei auch auf Dienstleister aus Frankreich und anderen europäischen Ländern. »Das aber können wir auch«, sagte sich der Stendaler Firmenchef.
Nach dem Vertriebsstart im lnland im vergangenen Jahr mit einem eigenen Mitarbeiter suchte sich das Unternehmen auch neues Personal für den Bereich Marketing und fand in dem BWL-Studenten Mats-Milan Müller den geeigneten Mann. Schon während des Praktikums vor einem Jahr hatte er sich die Erarbeitung einer lnternationalisierungsstrategie auf die Fahnen geschrieben . »Man möchte nicht blauäugig auf einen Markt laufen, den man nicht kennt«, sagt Firmenchef Schumacher. Hilfe fanden er und sein Team bei der lHK Magdeburg, bei der lnvestitions- und Marketinggesellschaft und beim Enterprise Europe Network (EEN). Sie besuchten erste Kurse und Workshops. Themen wie Exportgenehmigung, Ausfuhrkontrolle, Ursprungszeugnisse oder auch interkulturelles Management standen auf dem Stundenplan der Verantwortlichen.
Seitens der lHK gibt es das Erfolgsprogramm »Fit für den Export«, das wichtige Grundlagen für den Außenhandel vermitteln kann. Doch auch spezielle Ländertage vertiefen dieses Wissen und bieten auch einen konkreten Überblick über die unterschiedlichen Märkte. »Da haben Sie alles richtig gemacht. Man kann natürlich auch das Prinzip trial & error anwenden, doch damit werden wichtige Ressourcen gefressen. Funktioniert etwas nicht, kann dann auch schnell die Motivation für einen zweiten Versuch fehlen«, sagte Müller und lobte die Aktivitäten von JS Lasertechnik.
Nach den ersten Kursen nutzte das altmärkische Unternehmen im Herbst 2015 auch eine erste Messe in Schweden, urn sich vor Ort ein besseres Bild des nordeuropäisches Landes zu machen. Doch nicht nur der Kontakt zu skandinavischen Ausstellern und Besuchern war dabei entscheidend. Eine lnformationsquelle fiir die Erschließung ausländischer Märkte können auch deutsche Unternehmen sein, sofern sie ihre Erfahrungen auch teilen wollen.
Den ersten wichtigen Schritt zur weiteren Markterschließung machte das Unternehmen mit seinem Engagement in Österreich. In Zusammenarbeit mit der Auslandshandelskammer Österreich wird das Marktpotenzial ausgelotet und der Kontakt zu potenziellen Partnern und Kunden hergestellt. Diese Dienstleistung gibt es zwar nicht zum Nulltarif, doch ein aktuelles Förderprojekt im deutschsprachigen Nachbarland reduziert die lnvestitionskosten fiir die Altmärker.
»Fur Österreich spricht nicht nur die relative Nähe, sondern auch der ähnliche Kulturkreis«, sagt Marketingbeauftragter Mats-Milan Müller. Zudem existieren auch kaum Sprachbarrieren. Ein anderer Kulturkreis und damit auch andere Gepflogenheiten in der Geschäftswelt haben nach der Erfahrung von Andreas Müller schon so manches Projekt zu Fall gebracht. Zudem rät er, die Expertise der in vielen Ländern der Welt bestehenden Auslandshandelskammern zu nutzen.
Urn auch die Mitarbeiter bei der lnternationalisierung mitzunehmen, hat sich auch in der lnnen- und Außenkommunikation des Unternehmens einiges getan. So wurde die eigene Webseite mit einer englischen Version ausgestattet. Zudem gibt es seit einigen Monaten einmal pro Woche Englischunterricht in der Firma.
»Zu Anfang war es für die Mitarbeiter ungewohnt, aber aus der anfänglichen Skepsis ist zunehmendes lnteresse für unsere weiteren Pläne geworden«, sagt Schumacher. Zudem werde so auch die Angst genommen, wenn sich jemand in englischer Sprache meldet.
Ende April war das Team auf der weltgrößten lndustriemesse in Hannover und sorgte dabei vor allem mit einem Statement für die Heimat für Aufsehen. So hat JS Lasertechnik eine stählerne Nachbildung des Stendaler Rolands gefertigt. Mit 20 noch existierenden Rolanden gibt es in Deutschland die größte Konzentration der Symbolnguren. Darüber hinaus existieren weitere Statuen in Mitteleuropa, Kroatien und Lettland sowie Nachbildungen in Brasilien und den Vereinigten Staaten von Amerika. Somit ist die Metallnachbildung des Stendaler Untemehmens auch ein weltweiter Botschafter.
Für den Rest des Jahres gibt es ebenfalls schon konkrete Pläne. So will das Vertriebsteam eine Messe in Tschechien, eine Kooperationsbörse in Österreich und die Zulieferbörse in Wolfsburg besuchen. Zudem hat JS Lasertechnik einen Austauschstudenten der German-Jordanien-University. Der junge Mann studiert internationale Buchhaltung und ist für die nächsten fünf Monate im Unternehmen.
»Nicht nur ausländischen Hochschulen, sondern auch die eigene vor der Haustür bieten uns Unternehmen viele Chancen. Diese sollten wir einfach häufiger nutzen«, sagt Jens Schumacher. Mit seinem neuen Marketingbeauftragten und aufrnerksamen Gast aus Jordanien hat er gleich zwei Beispiele, wie lnternationalisierung mit Köpfchen, Mut für neue Wege und Einsatz vorangetrieben werden kann.
Quelle:
DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 5/16